40 Jahre GRÜNE im Landeswohlfahrtsverband Hessen

Seit Ende des letzten Jahres kann die GRÜNE Fraktion im Landeswohlfahrtsverband auf eine 40 jährige Zugehörigkeit im Parlament des LWV zurückblicken.

Im Dezember 1981 zogen die ersten beiden grünen Abgeordneten Irmela Wiemann und Dorothea Kerschgens in die Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes ein. Gleich zu Beginn beschäftigte alle die Frage, was von diesen beiden Frauen von den GRÜNEN zu erwarten sei, wie sie sich von den anderen Abgeordneten unterscheiden würden und ob und welche Änderungen von ihnen ausgehen würden. Beide gehörten der sogenannten Nachkriegsgeneration an und wuchsen  im Spannungsfeld zwischen einem christlich-humanistischen Erziehungsideal, getragen  von  den Werten Demokratie, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität einerseits und dem Vergessen, Verdrängen, Verharmlosen, Relativieren und Leugnen deutscher Schuld während des dritten Reiches andererseits, auf.

Irmela und Dorothea fingen an, Fragen zu stellen, an der Oberfläche zu kratzen, tiefer zu bohren.  Die Fragen, dieser Generation waren:  Was habt ihr damals getan, was habt ihr dagegen getan? Umso tiefer sie bohrten, umso tiefer wurde das schwarze Loch, das sich ihnen auftat. Dieses Streben nach Aufklärung und Chancengleichheit schlug sich auch in der Arbeit im LWV nieder.

Bedeutsam für die Arbeit im Landeswohlfahrtsverband war die Psychiatrieenquete des Bundestages von 1975, die die menschenunwürdigen Lebenslagen der psychiatrischen Langzeitpatienten und die unzureichenden Versorgungsstrukturen und Therapiemöglichkeiten in die Öffentlichkeit trug. Daraus resultierten die damaligen Ziele: erstens die Gleichstellung zwischen psychisch erkrankten Menschen und  somatisch Erkrankten, zweitens eine Entflechtung der Stationen, drittens eine Ausdifferenzierung der Hilfen nach Krankheitsbildern, viertens der Aufbau gemeindenaher Versorgungsstrukturen für psychisch Erkrankte und  fünftens die Auflösung der psychiatrischen Langzeitunterbringung. .

In der zweiten grünen Wahlperiode wuchs die GRÜNE Fraktion auf 4 Mitglieder an. Um tatsächlich etwas verändern zu können, wollte die Fraktion Verantwortung übernehmen und führte 1985/86 ein ganzes Jahr lang Koalitionsverhandlungen mit der SPD – beide Fraktionen zusammen konnten rechnerisch die Mehrheit der Sitze bilden. So wurde mit den GRÜNEN die Führungsspitze von CDU und FDP abgewählt und auf GRÜNES Bestreben beschlossen, die damaligen Oligophreniestationen  aus den psychiatrischen Krankenhäusern auszugliedern und heilpädagogische Heime in Trägerschaft des LWV Hessen zu schaffen. Die Koalition kam nicht zustande – die SPD hatte  mit der CDU ein Koalitionspapier ausgehandelt das sie den GRÜNEN mit der Bemerkung überreichte, dass, wenn die GRÜNEN, das Papier unterschrieben, man miteinander koalieren könne.  Da das Papier nicht die GRÜNEN Positionen widerspiegelte kam es zu keiner Koalition zwischen SPD und GRÜNEN.

Bereits damals war es den GRÜNEN wichtig, mehr Empathie und Humanität und  den  nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen   umzusetzen. Viele grüne Abgeordnete kamen aus der sozialpädagogischen Praxis der Daseinsfürsorge für Menschen mit Behinderungen. Die GRÜNE Fraktion war jünger, weiblicher, unkonventioneller als die anderen Fraktionen. Es wurden Demonstrationen von betroffenen Gruppen in die Verbandsversammlung organisiert. Eine Abgeordnete brachte ihr Baby mit und stillte es während der VV. Legendär waren die Haushaltsreden des Fraktionsvorsitzenden Holger Heupel, der immer mit einem Märchen der Gebrüder Grimm seine Rede einleitete. Die Tischkante, in welche die GRÜNEN  als Opposition zu beißen hatten, war zwar hart, aber die GRÜNEN Abgeordneten blieben aktiv und engagiert. Mit vielen Anträgen wurden inhaltliche Themen aufgegriffen, die oft später als eigene Ideen der Koalition präsentiert wurden. Zwanzig Jahre gab es im LWV eine große Koalition aus SPD und CDU..

Aufgrund vieler inhaltlicher Übereinstimmungen wurde 2006 eine Koalition von CDU, GRÜNEN und FDP geschlossen. Eine Koalition zwischen CDU und GRÜNEN wurde für die XV. Verbandsversammlung von 2011 – 2016 fortgesetzt und arbeitete eng und vertrauensvoll zusammen. Viel konnte in den Jahren erreicht werden. Inhaltliche Schwerpunkte waren insbesondere die Weiterentwicklung der Personenzentrierung, die Einführung von PerSEH, die Erhöhung der Ambulantisierungsquote, die nachhaltige Entwicklung von Wirtschaftlichkeit und Effektivität, die Senkung der durchschnittlichen Betreuungskosten und die Gründung von Vitos gGmbH, d.h. die Ausgliederung der Eigenbetriebe in eine eigenständige gGmbH des LWV und die  Gründung von Vitos Teilhabe. Die Aufarbeitung des Unrechts der Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren war ebenfalls ein Schwerpunkt sowie der Ausbau der Gedenkstätte in Hadamar, die an die Verfolgten und Ermordeten der nationalsozialistischen „Euthanasie“ erinnert und gedenkt.

Seit 2017 tragen die GRÜNEN in einer Koalition mit SPD, FDP und Freien Wählern weiter die Mitverantwortung im Landeswohlfahrtsverband. Die Koalition hat die letzten Jahre sehr gut zusammengearbeitet. War es anfangs noch etwas ungewohnt, so ist Vertrauen und ein freundschaftliches Verhältnis untereinander entstanden. Die Koalition wurde getragen durch das gemeinsame Interesse, den LWV im Sinne der Menschen mit Behinderungen gut zu führen. So konnte  erreicht, werden, dass der Landeswohlfahrtsverband, im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes als überörtlicher Sozialhilfeträger bestätigt wurde. Die Umsetzung des BTHG in  Hessen konnte erfolgreich angegangen und vorangetrieben werden. Teilhabe, Personenzentrierung und Selbstbestimmung sind  ausgebaut worden und neue Hilfeformen wurden entwickelt. Die Gedenkstättenarbeit in Hadamar wird ausgebaut und dank des Zuschusses durch das Land Hessen und dem Bund völlig neu gestaltet und modernisiert werden. Durch die Strukturreform innerhalb des LWV wird die Leistungserbringung nach Regionen und nicht mehr nach Behinderungsarten gegliedert. Die regional verteilten LWV-Vor-Ort-Büros ermöglichen, dass der Bedarf an Unterstützung direkt bei den Menschen vor Ort festgestellt werden kann.

Für die  17. Wahlperiode der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbandes werden die GRÜNEN  weiterhin ihre  erfolgreiche Politik im Interesse der Betroffenen  fortsetzen.


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