Hadamar: Nicht nur ein Ort des Gedenkens… Die Busgarage in Hadamar. Hier kamen die "Grauen Busse" an. (© Gedenkstätte Hadamar/Tanja Wesel) Über den Ausbau und die Erweiterung der Gedenkstätte Hadamar Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurden erstmals Menschen mit seelischer Erkrankung und geistiger Behinderung auf dem Mönchberg in Hadamar behandelt. Dafür wurden Teile der bereits vorhandenen Korrigendenanstalt genutzt, um sogenannte Geisteskranke zu betreuen. In den 20er Jahren änderte sich der Name in Landesheil- und Erziehungsanstalt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs nutzte die Wehrmacht das Gebäude als Reserve-Lazarett. Im Laufe der 30er Jahre wurde die Landesheilanstalt in eine Tötungsanstalt umgebaut: Hier fanden 1941 bis 1945 fast 15.000 Menschen den Tod; dabei handelte es sich fast überwiegend um psychisch erkrankte und behinderte alte und junge Menschen. Für die Tötung der Psychiatriepatienten entstand in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Verwaltungszentrale, die der späteren Aktion „T4“ ihren Namen gab. Mittels Meldebögen aus dem gesamten Deutschen Reich wurde dort von Psychiatern entschieden, wer (nicht nur) in Hadamar vergast werden sollte. Die heutige Gedenkstätte Hadamar www.gedenkstaette-hadamar.de befindet sich im denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Tötungsanstalt, bis 2020 Vitos Hadamar, bis Anfang 2022 Vitos Weil-Lahn und seit dem 17.02.2022 LWV. Die Besucherzahlen der Gedenkstätte, überwiegend Schülerinnen und Schüler, wachsen ständig. Aktuelle Dauerausstellung (© Gedenkstätte Hadamar/Tanja Wesel) Um diesen Interessierten gerecht zu werden, wird die Gedenkstätte erweitert und die Ausstellung neu konzipiert. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat zugesagt, sich an den Kosten des Umbaus bis 2025 mit 5,42 Mio. Euro zu beteiligen. Insgesamt werden Umbau und Neugestaltung demnach rund 13,5 Mio. Euro kosten. Rund 8,1 Mio. Euro tragen der LWV und das Land Hessen je zur Hälfte. Umbau und Erweiterung sollen bis 2025 abgeschlossen sein. „Die Finanzzusage aus Berlin ermöglicht es, das Gedenken an die Opfer neu und zeitgemäß wach zu halten“, so Dr. Andreas Jürgens, der für die Gedenkstätte verantwortliche Erste Beigeordnete des LWV. „Das Gedenken ist ein Zeichen für Humanität und für die Bedeutung unserer Demokratie.“Möglich wird die Erweiterung, weil der LWV jenen Teil des Gebäudes übernimmt, der bis 2017 von Vitos Hadamar genutzt wurde. Damit verdoppelt sich die bisherige Gesamtfläche der Gedenkstätte, die Ausstellungsfläche verdreifacht sich. Busgarage der „Grauen Busse“ (© Gedenkstätte Hadamar/Valentin Pfleger) Eine markante Rolle in der Euthanasie-Historie nehmen die „Grauen Busse“ ein, die symbolisch für die Gräueltaten der NS-Zeit stehen. Viele der über 70.000 Menschen wurden mit den grauen Bussen in die sechs zentralen Tötungsanstalten in Grafeneck, Brandenburg/Havel, Hartheim, Pirna/Sonnenstein, Bernburg und Hadamar gebracht und dort ermordet. Dr. Horst Hoheisel und Andreas Knitz entwarfen bereits 2005 ein Denkmal, welches an die Grauen Busse und damit die Verbrechen erinnert. Auch in der Stadt Hadamar soll ein solches „Denkmal der Grauen Busse“ aufgestellt werden. Einen Großteil der Kosten dafür übernehmen öffentliche Träger und der Verein zur Förderung der Gedenkstätte Hadamar e.V. www.gedenkstaette-hadamar.de/gedenkstaette/foerderverein. Michael Thiele, Vorsitzender des Vereins: „Das Denkmal ist ein Mahnmal, das sich nicht nur mit der NS-Geschichte und der Euthanasie auseinandersetzt, sondern sich insgesamt mit der Frage des Umgangs der Menschen untereinander und den Umgang mit den Rechten von Minderheiten beschäftigt.“Es sind diese Geschehnisse, die für die nachfolgenden Generationen schwer zu verstehen sind: Wie konnten die bisher bestehenden ethischen und moralischen „Leitplanken“ Stück für Stück verschwinden und die Tötungsanstalt Hadamar entstehen lassen? Hadamar als authentischer Ort der Euthanasieverbrechen ist deshalb so wertvoll, zeigt er doch heutigen Generationen diesen Werteverfall und Werteverlust. Ehemalige Gaskammer Ausgrabungsstelle des Fundaments des ehem. Verbrennungsofens Beide Fotos: (Gedenkstätte Hadamar/Tanja Wesel) Michael Thiele: „Hadamar ist nicht nur ein Ort der Erinnerung und der Aufarbeitung. Von Hadamar geht auch eine Bewegung der Hoffnung aus. Viele Generationen von Jugendlichen, die in den vergangenen Jahrzehnten hier in Hadamar gewesen sind, haben diese Eindrücke mit nach Hause genommen. Ihr Verhältnis zu Minderheiten, zu Menschen, die anders sind und anders denken, hat sich nach ihrem Besuch in Hadamar stark verändert. Viele der Besucher treten heute ein für diese Menschen, die nicht in der Mitte der Gesellschaft stehen.“ Gedenklandschaft: ein Massengrab der Ermordeten auf dem ehem. Anstaltsfriedhof (© Gedenkstätte Hadamar/Tanja Wesel) Die Gedenkstätte Hadamar wirkt: In den letzten Jahren wurden – nicht zuletzt durch den Anstoß der Arbeit der Gedenkstätte Hadamar – an vielen Stellen auf der Welt Projekte umgesetzt, Einrichtungen und Dienste aufgebaut für Menschen mit Behinderungen. Von Hadamar geht ein großer und prägender Beitrag zur Inklusion aus.