Alternative Beschäftig­ungsmöglich­keiten für Menschen mit Behinderungen in Hessen

Über alternative Beschäftigungen zu Werkstätten für Menschen mit Behinderungen informieren sich die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Freie Wähler bei abBi, bbw und proLilo.
Über alternative Beschäftigungen zu Werkstätten für Menschen mit Behinderungen informieren sich die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Freie Wähler bei abBi, bbw und proLilo.

Die Koalitionsfraktionen des Landeswohlfahrts­verbandes (LWV) Hessen, bestehend den Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Freie Wähler, besuchen im Rahmen ihrer diesjährigen Studienfahrt Leuchtturmprojekte zum Thema „Arbeit und Beschäftigung in Hessen“, um sich über alternative Beschäftigungs­möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu informieren, so Julia Ostrowicki, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im LWV.

Der LWV ist als Träger der überörtlichen Eingliederungshilfe für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Hessen verantwortlich. Rund 64.000 Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen werden derzeit von ihm bei der Alltagsbewältigung unterstützt mit dem Ziel, sie als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. „Dies gilt natürlich auch für die Teilhabe am Arbeitsleben. Die Förderung von Alternativen zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist ein Schwerpunkt unseres Koalitionsbündnisses“, so Stephan Aurand, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im LWV.

Gemeinsame Initiativen und Programme mit der hessischen Landesregierung sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Ausbildungsbetriebe für die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen sensibilisieren. Dass es dennoch einen großen Bedarf an Aufklärungsarbeit und auch im Abbau von Zugangsbeschränkungen zum allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, zeigt Michael Thiele, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, auf: „19.885 Personen sind derzeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen tätig, einschließlich 1.970 Personen in den Tagesförderstätten. Nur wenige von ihnen können bislang in sozialversicherungspflichtige Angestelltenverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, obwohl viele hochmotiviert sind, eine Tätigkeit im Rahmen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses auszuüben.“ Und genau hier gilt es anzusetzen und weiterzumachen.

Dr. Stefan Naas, Vorsitzender der FDP-Fraktion, erklärt, dass die Koalitionsfraktionen schon viel geleistet haben. „Durch optimale Ausnutzung der bestehenden Förderprogramme konnte durch sog. Betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze (BiB) der Arbeitsplatz von 1.432 Personen von einer WfbM in private und öffentliche Betriebe verlagert werden, durch das Budget für Arbeit konnten 105 Personen in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.“

Diese positiv stimmenden Entwicklungen können jedoch nicht davon ablenken, dass Zugangsblockaden zum allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen nach wie vor ein großes Problem darstellen. Inklusionsfirmen können hier eine Brücke schlagen, bieten sie Menschen mit Behinderungen doch eine sichere und dauerhafte Beschäftigung in einem regulären Arbeitsverhältnis. „Inklusionsbetriebe als wichtiges inklusives Arbeitsmarktinstrument sind positive Beispiele für gelebte soziale Marktwirtschaft und einen inklusiven Arbeitsmarkt. Die Förderung hessischer Inklusionsbetriebe wurde in der Zeit unserer Koalition von 4,45 Mio. Euro in 2015 auf 5,91 Mio. Euro in 2020 erhöht“, so Albrecht Fritz, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Darum ist es nur folgerichtig, dass die Koalitionsfraktionen zum Ende der XVI. Legislaturperiode innovative und zukunftsweisende Projekte innerhalb Hessens aufsuchen, um sich vom Erfolg ihrer Arbeit zu überzeugen.

Klar ist, dass zur Schaffung inklusiver Arbeitsplätze im Vorfeld eine gezielte Förderung notwendig ist. Genau damit beschäftigen sich zwei der Projekte. Das Projekt „Alternative Berufliche Bildung (abBi)“ der IB Südwest gGmbH möchte jungen Erwachsenen mit Förderbedarf ganz individuell im Anschluss an die Schulzeit Orientierung und Qualifizierung vermitteln. Dieser Ansatz sei „eine tolle Ergänzung zum bestehenden Förderspektrum“, so Stefan Leyerer, Teamleiter Rehabilitation und Teilhabe bei der Agentur für Arbeit. Dies untermauert auch Shiba Bühlmeyer, Bereichsleitung Wetterau der IB Südwest gGmbH, die den zentralen Wunsch der abBi-Teilnehmenden formuliert: „Unsere Teilnehmenden wollen dort arbeiten, wo alle arbeiten.“. Und dass sie genau das auch können, unterstreichen die hochmotivierten jungen Menschen durch Praktika. Unterstützt und begleitet werden sie dabei von erfahrenen Job-Coaches und Sozialpädagogen, so Nadja Hoss, Projektkoordinatorin von abBi. Diese helfen den Teilnehmenden über zwei Jahre beim Entdecken ihrer Potenziale und der Entwicklung von Berufswünschen und persönlichen Tätigkeitsperspektiven, damit diese sich in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes beruflich orientieren und qualifizieren können, so Hoss abschließend.

Auch das Berufsbildungswerk (bbw) Südhessen mit Sitz in Karben hat es sich zur Aufgabe und zum Ziel gemacht, jungen Menschen mit Förderbedarf neue berufliche und persönliche Perspektiven zu eröffnen. „Großen Wert legen wir dabei auf Unternehmenskooperationen, verbunden mit individueller Förderung der Auszubildenden durch pädagogische, psychologische und medizinische Fachkräfte“, so Bernhard Witzlau, Abteilungsleiter Kunden und Märkte. Dadurch könne man jungen Menschen mit Lernbehinderung, psychischer Erkrankung, aus dem Autismus-Spektrum und mit sozialer Benachteiligung die Möglichkeit zur Berufsvorbereitung und Ausbildung in mehr als 30 Berufen ermöglichen. Zum umfangreichen Ausbildungsangebot des bbw gehören beispielsweise auch die Bereiche Altenpflege und Gastronomie – beides Gebiete, die bekanntermaßen unter starkem Personalmangel leiden.

Berufe mit Zukunftsperspektive also, das weiß auch die proLiLo Gastrowelt gGmbH, die Inklusionsfirma der Lebenshilfe Gießen. Diese beschäftigt in den eigens betriebenen Kantinen an 13 Standorten zahlreiche Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen. Und es sollen künftig noch mehr werden, erklärt proLilo-Geschäftsführer Swen Groß. Gemeinsam mit der familiengeführten Traditionsbäckerei Volkmann werde man am 13. September im Herzen Gießens die erste Vortagsbäckerei Mittelhessens eröffnen. Dass Kundinnen und Kunden dort künftig hochwertige Backwaren vom Vortag zum halben Preis kaufen können, freue ihn natürlich auch, so Groß. Mehr noch aber freue er sich, dass weitere drei sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden können.

Auch die Landesdirektorin des LWV Hessen, Susanne Selbert (SPD), lobt das große Engagement der Lebenshilfe Gießen. „Diese vermittelt nicht nur durch ihre Inklusionsfirma Menschen auf Betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern nutzt verstärkt auch die neuen Möglichkeiten des BTHG. Dadurch konnten, sehr zu meiner Freude, bereits einige Leistungsberechtigte in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Hessenweit gibt es viele solcher Vorreiter, die sich gemeinsam mit dem LWV für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsleben stark machen und uns optimistisch in die Zukunft blicken lassen.“

Individuell, innovativ und nachhaltig seien die Projekte, die sich die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zum Ziel gesetzt haben, so das Fazit der Vertreter der Koalitionsfraktionen des LWV. Diese zeigten auf beeindruckende Art, dass die Koalition bereits 2017 einen wichtigen und richtigen Schwerpunkt in ihrer Arbeit gesetzt habe.

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