Eckwerte 2023

Rede von Michael Thiele zum Haushalt – anlässlich der Verbandsversammlung am 5. Juli 2023.

Konnte man in den vergangenen Jahren im Grunde zu den Eckwerten die gleiche Rede halten, so ist es in diesem Jahr anders. Die Entwicklung der Fallzahlen ist zwar, betrachtet auf dem Niveau der Zunahme der Fallzahlen im Bereich der Eingliederungshilfe, relativ konstant geblieben. Mit 1178 Fällen unterscheidet sich diese Fallzahlentwicklung nicht von der der vergangenen Jahre. In diesem Jahr kommen zusätzlich 920 Fälle hinzu, die durch die Fallzahlübernahme der über 65-jährigen entstanden sind.

Im Rahmen der Fallzahlentwicklung wäre es zukünftig sehr interessant, die Entwicklung der Fallzahlen im Bereich der WfbM zu beobachten. Die Frage lautet: Sind die rückläufigen Zahlen verursacht durch die demographische Entwicklung oder durch zusätzliche Angebote im Bereich Arbeit, Beschäftigung und Qualifizierung für Menschen mit Behinderung? Parallel hierzu sollte untersucht werden, ob diese Entwicklung mittelfristig einen Einfluss hat auf dem Bereich Wohnen. Ist damit zu rechnen, dass mittelfristig auch die Fallzahlen im Bereich Wohnen sinken?

Wesentliche Kostentreiber sind im nächsten Jahr, verursacht durch den russischen Angriffskrieg, die erheblichen Kostensteigerungen, welche sich auf überproportionale Vergütungssteigerungen im Jahre 2024 auswirken wird, eine zusätzliche Kostensteigerung von 113 Mio €. Dies war bisher so noch nie dagewesen. Die Übernahme zusätzlicher Fälle für die über 65-jährigen macht immerhin auch zusätzliche Kosten von 15,2 Millionen € aus, hinzu kommt im nächsten Jahr, dass es sich um ein Schaltjahr handelt. Weiterhin ist zu beobachten, dass die Annexleistungen von Jahr zu Jahr im erheblichen Umfang steigen und mittlerweile eine Größenordnung von 13,9 Millionen € erreicht haben. Hinzu kommen die steigenden Kosten der Unterkunft sowie reduzierte Erträge bei Einkommen und Vermögen, verursacht durch die Umsetzung des BTHG, so dass am Ende der Aufwand, welcher zusätzlich erbracht werden muss im Bereich der Eingliederungshilfe, bei 181,67 Millionen € liegt.

Dieser Eckwertebeschluss dürfte Unruhe bei den Trägern des Verbandes hervorrufen, haben sie doch ebenso erhebliche Kosten und Preissteigerungen auf kommunaler Ebene zu stemmen. Die Einführung des BTHG hat sicherlich zu erheblichen Kostensteigerungen beziehungsweise zu Einnahmenverlusten geführt.

Eine Reformrendite, wie sie die CDU 2020 gefordert hat, ist derzeit am Horizont nicht zu erkennen, im Gegenteil, es entstehen an verschiedenen Stellen aufgrund des erhöhten Personaleinsatzes erhebliche Mehrkosten. Nichtsdestotrotz ist der Ansatz einer zunehmenden und differenzierten Personenzentrierung im Bereich Wohnen sowie der Hinführung und Qualifizierung von Menschen mit Behinderungen zum ersten Arbeitsmarkt der richtige Weg. Dies ist sowohl aus humaner wie oft wirtschaftlicher Sicht der Königsweg. D.h. auch in Zukunft werden sich unsere Hilfen weiter ausdifferenzieren. Der Anteil derer, welche im Betreuten Wohnen unterkommen wird von Jahr zu Jahr steigen und damit werden die Angebote des LWV Hessen immer wirtschaftlicher. Passgenaue Hilfen, welche den Betroffenen da abholen, wo er steht und ihn konsequent zielorientiert zu mehr Selbstständigkeit und Eigenständigkeit führen, sind nicht nur zutiefst human, sondern auch wirtschaftlich.

Michael Thiele
Fraktionsvorsitzender

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