Erfolgsbilanz der Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freien Wählern

Logos der Parteien in der Koalition der XVI. Wahlperiode

in der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrts­­verbandes der XVI. Wahlperiode

Nach der Kommunalwahl im Jahr 2016 und den daraufhin folgenden Wahlen der Verbandsversammlung des LWV Hessen in den Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte und   Kreistagen der Landkreise haben sich die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freie Wähler auf eine Koalition verständigt, um gemeinsam die wichtigen Aufgaben des Landeswohlfahrtsverbandes zu gestalten. Dabei haben wir uns vorgenommen, den Verband in Richtung von mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderungen weiterzuentwickeln und die Herausforderungen durch gesetzliche Änderungen von Bundesteilhabegesetz (BTHG) und Ausführungsgesetz des Landes gut zu meistern. Wir wollen auch zukünftig eine hohe Qualität der Leistungserbringung sicherstellen und zugleich sparsam und wirtschaftlich mit finanziellen Mitteln umgehen. Die Beteiligungen erfolgreich zu steuern, die Verwaltung in die Lage zu versetzen, sehr gut arbeiten zu können, und auch die Verpflichtungen des Verbandes zum Umgang mit der Vergangenheit der Vorläuferorganisationen ernst zu nehmen, bleiben auch weiterhin Ziele unserer Arbeit.

Nach Abschluss der Wahlperiode ziehen wir Bilanz über die gemeinsame Arbeit.

1. Zusammenarbeit

Grundlage der inhaltlichen Erfolge ist die verlässliche, verbindliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb der Koalition und des hauptamtlichen Verwaltungsausschusses. Ohne diese Einigkeit wären viele Erfolge nicht möglich. Insbesondere die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der drei Hauptamtlichen sorgte dafür, dass die Verwaltung des LWV die notwendigen Reformen und Veränderungen nicht nur mitgetragen, sondern auch engagiert vorangetrieben hat.

2. Eingliederungshilfe

Von zentraler Bedeutung für gleiche Teilhabechancen für Menschen mit Behinderungen in allen Teilen des Landes war die Bestätigung und Stärkung der Rolle des LWV als zentraler Leistungsträger für die Eingliederungshilfe. Durch gemeinsame Anstrengung ist es gelungen, dass das Land mit dem Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz den LWV Hessen als überörtlichen Sozialhilfeträger für erwachsene behinderte Menschen bestätigt, damit für eine einheitliche Leistungsgewährung gesorgt hat und Standards hessenweit weiterentwickelt werden können.

Im Bereich der Eingliederungshilfe muss herausgestellt werden, dass die Einführung des neuen Bundesteilhabegesetzes in Hessen durch den LWV – vor dem Hintergrund des erheblichen Reformumfangs und den vielen ungeklärten Rechts- und Umsetzungsfragen – relativ reibungslos gelungen ist. Dabei wurde zugleich der interne Prozess der Umstrukturierung der Leistungsverwaltung in Richtung Personenzentrierung weiter vorangetrieben und die Anforderungen des BTHG mit den eigenen Zielen der Verbesserung der Teilhabechancen verbunden.

Das Bundesteilhabegesetz sieht eine vier-stufige Umsetzung bis zum Jahr 2023 vor. Die wichtigsten Schritte dabei sind die Verbesserung der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung für die Leistungsberechtigten selbst, die Einführung eines Gesamtplanverfahrens nach dem ICF-Modell, bei dem die „Komponenten von Gesundheit“ also Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe) sowie Umweltfaktoren bewertet werden, die Einführung des Personenzentrierten integrierten Teilhabeplans (PiT) sowie die Trennung von Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen und die deutliche Stärkung der Personenzentrierung insgesamt. In den vergangenen Jahren entstanden in allen Landkreisen und kreisfreien Städten sogenannte „LWV vor Ort“- Büros zur Bedarfsfeststellung vor Ort. Dadurch konnte die Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern intensiviert werden. Durch die Büros wird jeweils nach einheitlichen Gesichtspunkten und im sozialen Umfeld die Bedarfsermittlung, Beratung und Unterstützung der Leistungsberechtigten gebündelt. So garantiert der LWV, dass regional bedarfsgerechte Leistungen zur Verfügung gestellt werden, die nach fachlich einheitlichen Kriterien hessenweit umzusetzen sind. Um dies sicherzustellen, wurden und werden mit allen kommunalen Trägern vor Ort Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Ziel ist neben der Stärkung der kommunalen Sozialräume die Abstimmung und Koordination sowie der weitere Ausbau der Angebotsstruktur durch die Bildung von regionalen Netzwerken.

Mit dem Ziel landeseinheitlicher Kriterien und einer landeseinheitlichen Steuerung dieser Prozesse, wurden Steuerungskreisläufe zum Finanz-, Personal- und Fachcontrolling aufgebaut. Dies führt zu einer Verbesserung sowohl der strategischen als auch der operativen Planung und einem nachhaltigen Steuern im Sinne personenzentrierter Hilfen.

3. Beteiligung von Menschen mit Behinderungen

Durch die Einbeziehung der Menschen mit Behinderungen und ihrer Interessenvertretung in den vergangenen Jahren sind verschiedene Verfahren und Gremien geschaffen worden, die die Beteiligung der Leistungsberechtigten zum Ziel haben. So entsendet der Inklusionsbeirat Hessen Mitglieder in die Hessische Vertragskommission und die Hessische Eingliederungshilfekommission. Ebenso werden die Leistungsberechtigten bei der Bedarfsermittlung unmittelbar beteiligt.

4. Arbeit und Beschäftigung

Mit der Einführung des Budgets für Arbeit ist ein dauerhafter Nachteilsausgleich für Arbeitgeber gegeben und ein weiteres Instrument geschaffen worden, damit die Chancen behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt gesteigert werden. Die Nutzung des Budgets für Arbeit wird durch den LWV unterstützt und findet immer mehr Zuspruch. Die Zahlen sind noch überschaubar, aber im Vergleich mit anderen Bundesländern positiv. Mit der Einführung im Jahr 2018 gab es 27 Budgets, mittlerweile sind es 104 Budgets für Arbeit. Das Budget für Arbeit wurde ab dem 01.01.2018 als Alternative zur Beschäftigung in einer WfbM eingeführt und kann mit anderen Leistungen des Integrationsamtes kombiniert werden, sodass eine umfassende Begleitung und Assistenz möglich ist.

Erfolgreich ist auch das Hessische Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen (HePAS). Durch Prämien u.a. für Praktika, Probebeschäftigung und Einstellung werden die Chancen für behinderte Menschen auf dem regulären Arbeitsmarkt erheblich verbessert. Alleine 2020 wurden mehr als 400 Einstellungsprämien für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gezahlt. Die mittlerweile dritte Förderperiode nimmt besonders Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Hessen in den Blick. Die Schwerpunkte sind die Schaffung neuer Teilhabemöglichkeiten für schwerbehinderte arbeitslose Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen und das Aufzeigen von Perspektiven im Anschluss an die Schulzeit für junge Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Die Integrationsfachdienste werden gezielt in die vorstehend beschriebenen Arbeitsmarktmaßnahmen eingebunden. Ihre Aufgaben sind Beratung, Unterstützung, Begleitung und Akquise bei Praktika, Probebeschäftigung, Ausbildung und Beschäftigung. Das heißt, die Aufgaben der Integrationsfachdienste wurden ausgeweitet, insbesondere beim Übergang zwischen Schule und Beruf bzw. Ausbildung. Hier sind verstärkte Aktivitäten in Form von Orientierungsmaßnahmen und Betriebspraktika für die Jugendlichen entwickelt worden. Die Aufklärungsarbeit über die verschiedenen Maßnahmen gegenüber den aufnehmenden Firmen wurde intensiviert.

Die betriebsintegrierte Beschäftigungsquote – also Plätze für betriebliche Beschäftigung außerhalb einer WfbM – hat sich von 2015 mit 944 Beschäftigungsplätzen zu 2020 mit 1.476 Beschäftigungsplätzen um über 50 % verbessert.

5. Wohnen

Ein wesentliches Ziel der Arbeit der Koalition war die Ausweitung des sogenannten ambulanten Wohnens. Die Ambulantisierungsquote konnte kontinuierlich gesteigert werden. Über 62 % der leistungsberechtigten behinderten Menschen leben in ihrer eigenen Häuslichkeit, die weiteren 38 % in sogenannten besonderen Wohnformen (Wohnheim). Barrierefreien, inklusiven Wohnraum für die leistungsberechtigten Menschen zu finden, stellt ein besonderes Problem dar. So hat der LWV begonnen in einem ersten Schritt zu untersuchen, inwieweit – bezogen auf die eigenen Liegenschaften – hier inklusive Wohnmöglichkeiten für Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen werden können.

6. LWV-Förderschulen

 Der LWV ist Träger von 15 Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Hören, Sehen, kranke Schülerinnen und Schüler, emotionale und soziale Entwicklung sowie geistige Entwicklung. Überregionale sonderpädagogische Beratungs- und Förderzentren unterstützen Kinder und Jugendliche, die inklusiv an örtlichen Regelschulen oder an örtlichen Förderschulen beschult werden und runden so das Förderangebot ab. In 2019 wurden 2446 Schülerinnen und Schüler ambulant gefördert

Zur Weiterentwicklung der Förderschulen wurde das Konzept „Unsere Zukunftsschulen“ entwickelt, in welchem der Blick auf die gesamte Lerninfrastruktur gerichtet ist und weiter vorangebracht werden soll. Hierzu sind Schulneubauten vorgesehen bzw. sollen bestehende Schulen modernisiert werden. Es wird dabei darauf geachtet, den vielfältigen Anforderungen an moderne Schulbauten nachzukommen, die nachhaltiges, ökologisches Bauen mit einer inklusiven Öffnung der Schulen nach außen vereinen.

7. Finanzen

Die Koalitionspartner verfolgen einen ressourcenschonenden Umgang mit den Finanzen. Der LWV arbeitet wirtschaftlich und effizient und erhebt die Verbandsumlage bei den Kreisen und den kreisfreien Städten nur in dem Umfang, wie er sie zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Dies zeigt auch, dass der Hebesatz für die Verbandsumlage deutlich gesenkt werden konnte und die Rücklagen direkt zur Verbesserung der Haushalte eingesetzt werden. Der Hebesatz beträgt aktuell 10,252 Prozentpunkte und ist damit der zweitniedrigste Satz in den vergangenen 15 Jahren.

Die verwaltungsinternen Controlling-Strukturen wurden verfeinert, sodass die Möglichkeit des Steuerns und Eingreifens deutlich erhöht und die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden konnte.

Mit dem konsequenten Verfolgen der Steigerung ambulanter Strukturen liegt der LWV bei den durchschnittlichen Pro-Kopf-Kosten innerhalb von Deutschland auf einem guten Platz. Dies zeigt insbesondere die Ambulantisierungsquote im Bereich Wohnen.

Die Bemühungen um Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei gleichzeitig hoher Leistungsqualität sind wichtige Grundlage dafür, dass die finanziellen Belastungen der Träger des LWV sich in Grenzen halten. Insbesondere da auch in diesem Jahr wieder eine deutlich verstärkte Zunahme der Fallzahlen zu verzeichnen ist und die Einführung des Bundesteilhabegesetzes mit der Veränderung der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung und die Einführung neuer Verfahren höhere – statt wie versprochen – niedrigere Belastungen mit sich bringt.

8. Vitos

Vitos als größter Betreiber psychiatrischer Kliniken im Land Hessen hat in den vergangenen Jahren seine Erfolgsgeschichte fortgeführt. Die Vitos GmbH versteht  sich mit ihren  psychiatrischen Krankenhäusern als moderner Dienstleister, der sich insbesondere durch enge Kooperationen mit somatischen Krankenhäusern weiterentwickelt. Dazu zählen ebenso der bedarfsgerechte Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie (z.B. in Hanau) und der Forensik sowie die Gründung neuer Gesellschaften in Zukunftsfeldern, wie mit der Vitos digitale Gesundheit GmbH.

Die Angebote im Bereich der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe durch Vitos Teilhabe haben sich in den vergangenen Jahren durch eine stärkere Dezentralisierung und Personenzentrierung sowie Neubaumaßnahmen modernisiert.

Trotz der aktuellen Herausforderungen und den sich ständig verändernden Rahmenbedingungen der Gesundheitspolitik ist die wirtschaftliche Lage von Vitos weiterhin stabil.

Durch Standortverlagerungen wurden und werden Flächen der Altliegenschaften frei. Eine Entwicklung der Flächen findet in enger Abstimmung mit den Gebietskörperschaften vor Ort statt.

9. LWV als Arbeitgeber

Im Sinne des Ziels als attraktiver Arbeitgeber die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen und neue Fachkräfte zu gewinnen, sind in den vergangenen Jahren verschiedene Prozesse in Gang gesetzt worden, die sich mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement, flexibler Arbeitszeiten bzw. -orte (Homeoffice) sowie der Vereinbarung von Familie und Beruf beschäftigen. Die dem LWV in diesem Jahr verliehene Auszeichnung als fahrradfreundlicher Arbeitgeber bestärkt die Koalition, den Weg eines nachhaltigen Mobilitätsmanagement fortzuführen. Die Personalmanagement- und Personalentwicklungssysteme wurden verbessert, um Nachwuchskräfte gezielt an neue Aufgaben heranzuführen. Ein Personalbemessungssystem und eine prospektive Personalbewirtschaftung wurden eingeführt.

Ein weiterer großer Meilenstein der Koalitionsarbeit: Die Umstrukturierung der Leistungsbereiche der Verwaltung des LWV mit dem Projekt Gesamtsteuerung-Teilhabe (GSTH) konnte in Übereinstimmung mit den Interessen der Mitarbeitenden und in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung sehr zufriedenstellend für alle Beteiligten umgesetzt werden.

10. Gedenkstätte Hadamar und Erinnerungskultur

Ein großer Erfolg der Koalition ist die Umsetzung der Neugestaltung der Gedenkstätte Hadamar. Diese soll weiter voran gebracht und  begleitet werden. Mit einem Volumen von über 13 Mio. € wird die Gedenkstätte Hadamar in den nächsten Jahren vollkommen neukonzipiert und um- bzw. ausgebaut werden. Ziel ist es, mit einer neuen, modernen Ausstellungskonzeption die Erinnerung an die Euthanasieverbrechen des NS-Regimes wachzuhalten und Besucherinnen und Besucher pädagogisch zeitgemäß zu begleiten. Die neue Konzeption sieht einen Rundgang durch die Gedenkstätte Hadamar vor und ermöglicht damit, dass Ausstellung und Gedenkorte von mehr Besucherinnen und Besuchern als bisher besucht werden können.

An den anderen Orten, z.B. im ehemaligen Kalmenhof in Idstein, wird die Gedenkarbeit für die Opfer des NS-Regimes in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Vitos- Einrichtungen vor Ort weiter umgesetzt.

11. Archiv

Um den großen Bestand von historisch und rechtlich bedeutendem Schriftgut des LWV sicher unterzubringen, zu schützen und zu erhalten, ist ein Neubau entstanden, der die Anforderungen an ein modernes Archiv mit Magazin und Lesesaal vollumfänglich erfüllt. In 2020 konnte das Archiv die neuen Räumlichkeiten beziehen. Ein weiterer Schritt bedeutet die Digitalisierung der Archivalien, um einer größeren Öffentlichkeit das Archivgut zugänglich zu machen.

12. Stiftungsforsten Kloster Haina

Der LWV ist ein großer Waldeigentümer mit über 7.800 ha Wald in Hessen. Der Klimawandel, der sich durch Stürme, Trockenheit und den Borkenkäferbefall auswirkt, hat erhebliche Schäden auch in den Stiftungsforsten des LWVs angerichtet. Die Rücklagen der vergangenen Jahre mildern zwar die wirtschaftlichen Einbußen, doch trotz effektiver Bewirtschaftung müssen neue Konzepte entwickelt werden. Hier wird das Augenmerk zukünftig darauf liegen, wie der Wald nachhaltig widerstandsfähiger gegenüber den zunehmenden Klimaeinflüssen gemacht werden kann.

Pressekonferenz in Gießen am 30. August 2021 „Erfolgsbilanz der Koalition“ im LWV 2021
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